Zusatzbezeichnung Psychotherapie: Alle Infos
Die Zusatzbezeichnung "Psychotherapie" ist bei Fachärztinnen und Fachärzten sehr beliebt. Der folgende Text liefert einen Überblick über die Ausbildung, die Ausbildungsinhalte und die Auswirkungen auf das Gehalt.
Psychotherapie: Was ist das?
Wenn die Seele leidet, leidet der ganze Körper. Das Wort Psyche ist aus dem Altgriechischen abgeleitet und bedeutet so viel wie Geist oder Seele. Die psychische Gesundheit von Menschen beschäftigt zunehmend mehr Ärzte und Ärztinnen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Fälle von Depressionen und Angststörungen im ersten Pandemiejahr um 25 Prozent gestiegen.
Bei einer Psychotherapie werden psychischen Störungen wie Depressionen, Ängste, Essstörungen, Zwänge oder psychosomatische Erkrankungen diagnostiziert und behandelt. Um als Psychotherapeut oder -therapeutin arbeiten zu können, ist eine einschlägige Facharztweiterbildung notwendig (in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, in der Psychiatrie und Psychotherapie oder in der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie). Die Zusatzweiterbildung Psychotherapie ist für diese Weiterbildungen Pflicht und integraler Bestandteil der jeweiligen Facharztausbildung.
FachärztInnen anderer Bereiche können die Zusatzbezeichnung ebenfalls erwerben.
Fachgebunden oder nicht fachgebunden
Die ursprüngliche Zusatzbezeichnung Psychotherapie wurde zwischenzeitlich von der fachgebundenen Zusatzbezeichnung abgelöst. Dieser Schritt sollte FachärztInnen anderer Bereiche ermöglichen, schneller und einfacher an die Zusatzweiterbildung zu gelangen. So sollten etwa Hausärzte, Gynäkologen oder Urologen die psychischen Ursachen der Erkrankungen ihrer PatientInnen erkennen und zum Teil selbst behandeln können. Dies wurde nach mehreren Jahren allerdings wieder rückgängig gemacht und die alte Zusatzbezeichnung Psychotherapie wieder eingeführt.
Zusatzausbildung Psychotherapie: Inhalte der Fortbildung
Wie bei jeder anderen Zusatzbezeichnung auch, regelt die Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer die Inhalte der Ausbildung. Die einzelnen Landesärztekammern können sie als Grundlage nutzen, aber auch eigene Schwerpunkte setzen.
Laut den Rahmenrichtlinien der Bundesärztekammer und den Anforderungen der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen erhalten FachärztInnen die Zusatzausbildung Psychotherapie und sind damit zur Abrechnung genehmigungspflichtiger Psychotherapieleistungen berechtigt, wenn sie je nach Bundesland folgende Weiterbildung erfahren haben. Die Zusatzausbildung bieten verschiedene Träger in der Grundorientierung psychodynamisch/tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder in Verhaltenstherapie an.
Grundorientierung psychodynamische/tiefenpsychologische Psychotherapie
Theoretische Weiterbildung
- 120 Stunden Theorieunterricht
- 100 Stunden Selbsterfahrung
- 120 Stunden Behandlung unter Supervision
- 32 Stunden Entspannungsverfahren
- 30 Stunden Interaktionsbezogene Fallarbeit
Diagnostik
- 10 supervidierte und dokumentierte Erstuntersuchungen
Behandlung
- 15 Doppelstunden Fallseminar
- 120 Stunden psychodynamische/tiefenpsychologische supervidierte Psychotherapie, davon 3 abgeschlossene Fälle
Selbsterfahrung
- 100 Stunden Einzel- oder Gruppenselbsterfahrung. Die Selbsterfahrung muss im gleichen Verfahren erfolgen, in welchem die Grundorientierung stattfindet.
Grundorientierung Verhaltenstherapie
Theoretische Weiterbildung
- 120 Stunden in psychologischen Grundlagen
- Indikation und Methodik der psychotherapeutischen Verfahren
- 16 Doppelstunden autogenes Training oder progressive Muskelentspannung oder Hypnose
- 15 Doppelstunden Balint-Gruppenarbeit oder patientenbezogene Selbsterfahrungsgruppe
Diagnostik
- 10 dokumentierte und supervidierte Erstuntersuchungen
Behandlung
- 15 Doppelstunden Fallseminar
- 120 Stunden supervidierte Verhaltenstherapie, davon 3 abgeschlossene Fälle
Selbsterfahrung
100 Stunden Einzel- bzw. Gruppenselbsterfahrungen. Die Selbsterfahrung muss im gleichen Verfahren erfolgen, in welchem die Grundorientierung stattfindet.
Wo arbeiten Fachärzte mit Weiterbildung Psychotherapie?
In Deutschland sind in der Bundesärztekammer rund 18.000 ÄrztInnen registriert, die die Zusatzbezeichnung Psychotherapie besitzen. Das gilt sowohl für die fachgebundene als auch die nicht fachgebundene Variante. Von ihnen sind etwa 12.000 berufstätig und arbeiten beispielsweise in Beratungs- oder psychosomatischen Einrichtungen, psychiatrischen Kliniken, Forschungseinrichtungen oder Krankenhäusern.
Viele FachärztInnen mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie arbeiten in eigenen Praxen für Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin, Gynäkologie oder Urologie.
Gehalt: Was verdient ein Arzt mit Zusatzbezeichnung Psychotherapie?
Fest angestellte Fachärztinnen und Fachärzte mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie verdienen nicht zwangsläufig mehr als zuvor. Auch für sie gelten die üblichen Tarifverträge ihres Arbeitgebers.
Tarifvertrag TV-Ärzte TdL 2022 für Ärzte an Universitätskliniken
- Assistenzarzt: 4.939 bis 6.340 Euro
- Facharzt: 6.518 bis 8.165 Euro
- Oberarzt: 8.165 bis 9.331 Euro
- Leitender Oberarzt: 9.604 bis 10.837 Euro
Tarifvertrag TV-Ärzte VKA 2021 für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern
- Assistenzarzt: 4.852 bis 6.237 Euro
- Facharzt: 6.404 bis 8.224 Euro
- Oberarzt: 8.021 bis 9.167 Euro
- Leitender Oberarzt: 9.436 bis 10.110 Euro
Bei niedergelassenen FachärztInnen kann die Zusatzausbildung einen positiven Effekt haben. Nicht-chronische psychische Erkrankungen können auf diese Weise selbst diagnostiziert und zum Teil selbst behandelt werden. Dank der Zusatzbezeichnung Psychotherapie lassen sich verschiedene Leistungen mit den Krankenkassen abrechnen.
Abrechnungen von Leistungen
Die Zusatzbezeichnung Psychotherapie (tiefenpsychologisch fundiert) ermöglicht die Abrechnungen folgender Leistungen nach EBM:
35140 Biographische Anamnese
35150 Probatorische Sitzung
35151 Psychotherapeutische Sprechstunde
35401 Tiefenpsychologisch fundiert, Einzel KZT 1
35402 Tiefenpsychologisch fundiert, Einzel KZT 2
35405 Tiefenpsychologisch fundiert, Einzel LZT
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Stand: Dezember 2022